Handbuch


Kein wahrer Schotte

Eine undefinierte Spezifizierung einer Gruppe vornehmen, um Gegenbeispiele von einer Aussage auszuschließen.


Dieses Argument wird überwiegend angetroffen, wenn Stereotype (→ Rückschluss) verbreitet werden. Indem ein Teil der Gruppe zum "guten", "wahren" oder "echten" Kern erklärt wird, lassen sich sowohl Vorurteile als auch Vorbilder setzen, ohne angreifbar zu sein. Üblicherweise wird mit der Beschreibung der Teilgruppe ein Verhalten oder eine Eigenschaft genannt, die sich der Anwender dieser Taktik für alle Mitglieder der Gruppe wünscht, jedoch im Wissen, dass dies nicht zutrifft. Die Aufwertung eines Teils der Gruppe ist daher eine positiv formulierte Abwertung des Restes unter Anwendung eines persönlichen Standards.

Die größte logische Schwäche dagegen liegt in der abstrakten Natur der Teilmenge - da das Prädikat so allgemein gewählt ist, lässt sich die Gesamtaussage nicht angreifen, ohne subjektiv zu werden. Diese Methode leitet damit in die Irre, dass sie scheinbar eine Aussage über eine Gruppe trifft ( →Behauptung), jedoch in Wirklichkeit das Attribut des beschriebenen Subsets definiert. Es wird also nicht etwa beschrieben, wie alle guten oder wahren Mitglieder einer Gruppe sind oder handeln, sondern wie der Argumentierende selbst definiert, was "gut" oder wahr" in Bezug auf die Gruppe bedeutet. Damit kann er Gegenbeispiele nach Belieben vom Prädikat "gut" oder "wahr" ausschließen (→Deutungshoheit), so dass seine Argumentation im Grunde einen →Zirkelschluss darstellt.

Als Sonderform können auch Begriffe verwendet werden, die per Definition eine Untergruppe darstellen, aber nicht klar definiert sind, z.B. Lady (Untergruppe von Frauen) oder Fanatiker (Untergruppe von Anhängern einer Idee oder eines Glaubens). Kein wahrer Schotte kann sich auch auf Objekte statt Personen beziehen.


Wann wendet man das an?

Als →Ausrede wird diese Taktik dann benutzt, wenn eine → Verallgemeinerung auf ein Gegenbeispiel getroffen ist. Während es durchaus legitim ist, bestimmtes Verhalten oder Eigenschaften anzupreisen, ist eine Formulierung als wahrer Schotte eine manipulative Ablenkung davon, dass es sich um eine persönliche Meinung handelt. Im Regelfall fungiert diese Methode als Beleidigung einer Person oder einer Gruppe als nicht in den positiven Kern aufgenommen, und sollte auch als solche bewertet sein, wenn es um die Frage ihres Einsatzes geht. Von der Anwendung ist daher abzusehen.


  • „Wärst du ein guter Sozialist, würdest du dich den Arbeitern anschließen, statt an der Universität zu versauern.“
  • „Wahre Demokraten sind Pazifisten.“
  • „Richtige Autos haben Hinterradantrieb.“
  • „Ein Gentleman hält der Dame die Tür auf.“
  • „Gute Christen halten auch die andere Wange hin.“

Was tut man dagegen?

Gegenbeispiele sind bei diesem Argument zwar logisch unmöglich, aber dennoch sinnvoll: Findet man eine Beispiel, das dem Kriterium nicht entspricht, das das Gegenüber aber nicht abwerten möchte, lässt dieses die Einschränkung möglicherweise fallen oder weitet sie aus (→Rückschluss).

Da diese Argumentation auf der Definitionsmacht (→Deutungshoheit) des Anwenders beruht, lässt sich diese ebenso umkehren. So kann man eine eigene, ebenso subjektive Definition dagegenhalten oder aber die Autorität des Anderen über Begrifflichkeiten in Zweifel ziehen. Oft weiß der Anwender des wahren Schotten allerdings, dass sein Argument sachlich nicht stichhaltig ist, und verwendet diese Form nur, um seiner Meinung mehr Gewicht zu verleihen. Daher sollte der Fokus der Diskussion auf der zugewiesenen Eigenschaft der Teilgruppe bleiben, die entsprechend kritisiert oder auf ihren Bezug zur eingeschränkten Übergruppierung hin hinterfragt werden kann.


  • „Und du legst also fest, wer ein echter und wer ein unechter Künstler ist?“
  • „Sollten nicht eigentlich alle Menschen aufgeschlossen gegenüber anderen Meinungen sein?“
  • „Es gibt auch Sportwagen mit Hybridantrieb.“
  • „Ich finde Loyalität ja viel entscheidender als Triviakenntnis in der Frage, was einen echten Fan ausmacht.“
  • „Ledereinbände sind teuer und haben keinen großen Mehrwert gegenüber Pappe, ob nun bei "richtigen" Büchern oder nicht.“