Handbuch


Lüge

Eine Unwahrheit bewusst als Fakt präsentieren


Das Ziel einer Lüge ist, beim Gegenüber willentlich einen falschen oder als falsch angenommenen Eindruck zu erwecken. Somit kann auch eine wahre Aussage eine Lüge sein, wenn sie bewusst falsche Schlussfolgerungen provozieren soll oder der Aussagende sie für falsch hält. Andersherum sind fehlerhafte Schlüsse oder Irrtümer keine Lügen, da sie nicht der Täuschung dienen.

Eine fließende Grenze besteht zur wissentlichen Duldung von falschen Eindrücken beim Gegenüber durch Verschweigen von Informationen. Auch ist keine klare Unterscheidung möglich zu nicht grundsätzlich falscher, aber verzerrter Darstellung, wie sie z.B. bei Übertreibungen praktiziert wird, oder Fehlern, die durch Vereinfachung und →Verallgemeinerung bewusst in Kauf genommen werden, oder der Anwendung von Metaphern, um einen komplexen Sachverhalt zu erläutern.

Nicht alle Lügen sind verbal - auch vorgetäuschte Gefühle, Fälschungen (Dokumente, Videos, Bilder, Produkte, Webseiten ...) oder Handlungen, die das Gegenüber etwas Unwahres glauben lassen sollen, stellen Lügen dar. So gibt, wer im Krankenhaus einen Kittel trägt, z.B vor, zum medizinischen Personal zu gehören.

Lügen können auch zur Unterhaltung eingesetzt werden, etwa für Streiche oder Überraschungen. Wird hingegen nicht erwartet, dass der Unwahrheit Glauben geschenkt wird, liegt keine bewusste Täuschung mehr vor, wie etwa bei der Darstellung oder Erzählung fiktiver Ereignisse.


Wann wendet man das an?

Nicht immer steckt hinter einer Lüge eine böswillige Absicht. So werden Täuschungen oft eingesetzt, um die Gefühle des Gegenübers nicht zu verletzen, besonders, wenn sie persönliche Interessen oder Motive betreffen. Auch unter sozialem Druck (→emotionale Erpressung) kommt es leicht zu Unwahrheiten, wenn man sich genötigt fühlt, Antworten oder Begründungen zu geben, die einen Streit auslösen oder zwischenmenschliche Konsequenzen haben könnten, so dass man in solchen Situationen auf Lügen zurückgreift, die den Frieden wahren, Freundschaften erhalten oder gute Zusammenarbeit gewährleisten sollen. Auch um den eigenen Status oder die persönliche Sicherheit zu schützen, wird auf Notlügen zurückgegriffen (→moralischer Pragmatismus). Während Wahrheit und Ehrlichkeit nach Möglichkeit geachtet und geschützt werden sollen, müssen sie mitunter gegen andere Werte abgewägt werden.


  • „Ich mag dich noch genauso wie am ersten Tag.“
  • „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“
  • „Wenn du weiter solche Grimassen ziehst, bleibt dein Gesicht so stehen!“
  • „Mein tief empfundenes Beileid.“
  • „Die Geschenke bringt der Weihnachtsmann.“
  • „Er zeigte sich stets bemüht, den Anforderungen im Betrieb gerecht zu werden.“

Was tut man dagegen?

Eine Lüge lässt sich nur dann aufdecken, wenn nicht nur gezeigt werden kann, dass die Aussage falsch ist, sondern auch, dass dies dem Gesprächspartner bereits bekannt war. Liegt die Unwahrheit in Unwissenheit oder einer ehrlichen Überzeugung begründet, bringt die Unterstellung einer Lüge das Gegenüber nur in die Defensive. Da Erinnerungen falsch sein können, Informationen wieder vergessen werden und Menschen trotz gegenteiliger Beweise bisweilen an ihren Ansichten festhalten, sind Lügen nur dann zweifelsfrei nachweisbar, wenn der Lügner selbst sich gegenteilig geäußert hat und damit in direkten Widerspruch verwickelt werden kann. In den meisten Fällen ist es also zielführender, mit Lügen oder Aussagen, die man für solche hält, umzugehen wie mit anderen falschen Behauptungen auch.

Dazu zählt in erster Linie die Korrektur der Fehlinformation, aber auch das Stellen kritischer Fragen, die den Fehler entlarven, das Einfordern von Belegen (→Beweislast) oder Gedankenexperimente, die ausgehend von der Lüge auf offensichtliche Unwahrheiten führen. Lässt sich die Täuschung als verständlicher Irrtum darstellen, ermöglicht es dem Gegenüber, seine Darstellung zu korrigieren und dabei dennoch sein Gesicht zu wahren. Das mag weniger befriedigend als eine direkte Konfrontation sein, erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, vom Gesprächspartner selbst eine Rücknahme der Falschaussage zu erwirken.


  • „Dazu habe ich Gegenteiliges gelesen - können Sie mir sagen, auf welche Quellen Sie sich stützen?“
  • „Blödsinn! Ich war doch dabei!“
  • „Wenn es keine Evolution gibt, wie kommt es dann, dass wir neue Arten durch Zucht erzeugen können?“