Handbuch


Unfalsifizierbarkeit

Die Annahme, dass etwas wahr sein muss, weil es nicht widerlegt werden kann.


Unfalsifizierbarkeit bezeichnet die Unmöglichkeit, das Gegenteil einer Aussage zu beweisen und ist das Gegenstück zur Verifizierbarkeit, also Beweisbarkeit. Als Begriff vor allem im wissenschaftlichen Betrieb gebräuchlich, sind rhetorisch alle Aussagen darunter zu verstehen, die dem Gegenüber keine Möglichkeit geben, einen gegensätzlichen Standpunkt zu belegen. Besonders perfide ist eine unfalsifizierbare Argumentation daher in Kombination mit →Beweislast.

Der Begriff ist an sich nur auf Aussagen anwendbar, die wahr oder falsch sein können, was für viele Diskussionen und Themen schlicht nicht zutreffend ist. So lassen sich Beweise oder Gegenbeweise nicht für Fragen persönlicher Befindlichkeiten, Emotionen oder Spekulationen über die Zukunft erbringen. Auch ist streitbar, ob Unfalsifizierbarkeit kontextabhängig betrachtet werden sollte, also auch Aussagen betrifft, die zum jeweiligen Zeitpunkt vom jeweiligen Gegenüber selbst nicht widerlegt werden können. Zu guter Letzt sind gesellschaftliche oder politische Fragen, die sich naturgemäß mit sehr komplexen Systemen befassen, grundsätzlich eher nur durch Hinweise und Indizien denn handfeste Beweise belegt, wenn überhaupt. In der Bewertung als Argumentationsstrategie werden diese Fälle im Folgenden einbezogen.


Wann wendet man das an?

Meist lassen sich unfalsifizierbare Aussagen gar nicht vermeiden. Während sie nahezu unangreifbar sind, sollte man vorbereitet sein, sie entweder selbst zu belegen oder anzuerkennen, dass es sich um Spekulation handelt. Die Abwesenheit von Gegenbeweisen darf nicht als Begründung oder Beleg für ein unfalsifizierbares Argument herhalten. Besonders, wenn eine Aussage so aufgebaut wird, dass sie unabhängig von der beobachteten Realität immer wahr erscheinen muss, ist sie eher als →Verschwörungstheorie zu betrachten.

Ist das Argument darüber hinaus nicht verifizierbar, muss davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Glaubensfrage handelt, deren Beantwortung jedem selbst überlassen sein sollte.


  • „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder bleibt, wie es ist.“
  • „Es war aber nett gemeint.“
  • „Wir haben keine Schmuggelware gefunden, sie muss wohl sehr gut versteckt sein.“
  • „Deine Enkel werden dich eines Tages fragen, warum du nichts unternommen hast.“

Was tut man dagegen?

Viele Ausnahmen zusammen sind keine Ausnahmen mehr, sondern ein Muster. Wird jedes Argument mit zunehmend fadenscheinigeren Begründungen abgelehnt, kann davon ausgegangen werden, dass ein Standpunkt mehr aus emotionalen statt aus faktischen Gründen verteidigt wird.

Die Ausreden selbst können wie andere Argumente auch in Zweifel gezogen und angegriffen werden. Ist ein Fakt oder ein Beispiel zur Hand, das von der Ausrede nicht erfasst wird, kann diese jedoch getrost akzeptiert werden.


  • „Mal angenommen, das wäre falsch – was müsste passieren, damit du etwas anderes glaubst?“
  • „Klar ist das möglich, aber eben auch nicht sehr wahrscheinlich.“